Es läuft zu wenig auf dieser Seite. Es darf doch nicht sein, dass ein angeblich legendäres Balmchopffest über die Bühne geht, so legendär dass man ums Geländer froh gewesen sein soll, und nichts davon ist hier zu lesen. Dieser Blog dürstet sich nach Zeilen, wie die Fisistockverschneidung nach Anerkennung (die ihr ja auch gebührt). Ich gehe mit gutem Beispiel voran. Ich schreibe etwas. Obwohl es nichts zu berichten gibt. Aber genau darin liegt die enorme Wichtigkeit dieser Seite: Raum dem Bedeutungslosen. Das ist Klettern. Die Aussensicht hat nichts gemein mit der Innensicht. In der Divergenz liegt die Magie. Je grösser die Schere, desto magischer. Der Protagonist bringt sich für einen kurzen Moment in Raum und Zeit in eine Position, in der er die eigene Bedeutungslosigkeit und die seines Tuns vergisst, aber ein Ziel kennt, als wären tausend Flammen hinter ihm her. Es herrscht glasklare Orientierung, wie man sie im anderen Leben nicht hat. Keine Möglichkeiten, keine Ausflüchte, keine Logik. Dieses spezielle Mikrouniversum umgibt den Protagonisten eng. Auch bei nächster Nähe kann es keine Schnittmenge mit anderen Universen geben, mit jenem des Sicherungspartners etwa, der auf die Idee kommt, dass er ja auch tindern und sichern kann, weil er ein Grigri hat. Nein, der Kletterer kennt nur eines: Angst und Wille. Wille die Angst zu besiegen. Ist man wieder am Boden, muss man nicht tindern beim Sichern, um den Wandel der Prioritäten zu begreifen. Man wird ihn auch erfahren, wenn man feststellt, dass Menschenkot* am Seil klebt, weil jemand an den Einstieg geschissen hat. Und man hat weder Lust die Fleecehandschuhe je zu waschen, noch das Seil. Man brüllt die neue Erkenntnis sofort zum Kollegen hoch: ACHTUNG, ES HAT SCHEISSE AM SEIL. MENSCHENSCHEISSE. Der nimmt das Seil dennoch zwischen die Zähne – denn nun ist er im Mikrouniversum mit den anderen Gesetzmässigkeiten. Man besinnt sich, dass man ein Grigri hat, man das Seil also nicht zwingend zu halten braucht. Und weil man plötzlich freie Hände hat, hat man plötzlich das Iphone in der Hand. Man könnte News lesen. Oder ein trauriges Lied auf Facebook posten. Oder Mails beantworten. Denn jetzt ist man wieder am Boden. Wo man die eigene Bedeutungslosigkeit nicht mehr akzeptiert.
Dieser Text beruht auf teilweise wahren Gegebenheiten vom Fusse der Belleviewand. Ich hatte nur eine beobachtende Rolle, wobei ich meine Beobachtungen mit Fiktion anreicherte
*Es soll an der Falkenfluh Exponenten des Klettersports geben, die das Gespräch nicht unterbrechen und sich auch nicht gross distanzieren, sondern mehr oder weniger an Ort und Stelle in die Knie gehen. Möglicherweise hängt das mit der tiefsitzenden Überzeugung zusammen, dass gute Alpinisten immer und überall abseilen können.